Energie­ausweis: Strengere Vorschriften für Vermieter und Verkäufer

Der Energieausweis, der Steckbrief fürs Haus leidet unter Akzeptanz­problemen – trotz Neuregelungen. test.de erklärt, was Mieter, Käufer und Eigentümer über den Ausweis wissen sollten – und warum Vermieter die Ausweis­pflicht nicht auf die leichte Schulter nehmen sollten.

Energieausweis soll für Trans­parenz sorgen
Wie viel Kraft­stoff ihr Auto verbraucht, wissen die meisten Deutschen genau – was Heizung und Warm­wasser kosten, dagegen nur wenige. Dabei sind die Unterschiede riesig: Wer in einem energetisch sanierten Haus wohnt, zahlt im Jahr mehrere hundert Euro weniger als Bewohner eines vergleich­baren Altbaus ohne Wärmedämmung. Für Trans­parenz soll der Energie­ausweis sorgen. Wer eine Immobilie verkaufen, verpachten oder vermieten will, muss das fünf­seitige Dokument seit 2009 erstellen lassen und vorlegen können. Die Novelle der Energie­einspar­ver­ordnung (EnEV 2014) hat die Vorgaben nochmals verschärft. Herrscht für Mieter und Käufer nun Klarheit? Eher nicht: Neun Monate nach Inkraft­treten der EnEV 2014 ist der Energie­ausweis noch nicht über­all in der Praxis ange­kommen. Und der unkomplizierte Vergleich von Heiz­kosten – wichtiges Ziel des Gesetz­gebers – ist selbst bei vorhandenem Energie­ausweis nur bedingt möglich.

Verstöße können teuer werden
„Viele Vermieter verstoßen gegen geltendes Recht, indem sie nicht einmal auf Nach­frage einen Energie­ausweis vorlegen“, sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund (DMB). Laut Verordnung müssten sie mit dem energetischen Steck­brief des Hauses sogar unaufge­fordert heraus­rücken. Doch bei einer Stich­probe im Herbst 2014 unter Federführung des DMB verhielt sich nur jeder zehnte Vermieter in diesem Punkt korrekt. „Wir rufen nicht dazu auf, Vermieter anzu­zeigen, und mahnen auch niemanden ab“, so Ropertz. „Ich finde aber, Mieter sollten auf den Ausweis bestehen, und fordere insbesondere die großen Wohnungs­baufirmen auf, sich an das Gesetz zu halten.“

Ab Mai drohen empfindliche Bußgelder
Gerold Happ vom Eigentümer­verband Haus & Grund bestätigt: „Während es bei nahezu jeder Besichtigung Formulare für Selbst­auskünfte gibt, gilt das für den Energie­ausweis nicht.“ Er rät Vermietern, den Ausweis in der Wohnung auszulegen und nach Vertrags­abschluss jedem Mieter eine Kopie zu geben. „Wir weisen unsere Mitglieder darauf hin, dass ihnen bei Verstößen Abmahnungen anderer Anbieter drohen.“

Achtung: Ab 1. Mai 2015 gilt es als Ordnungs­widrigkeit, Pflicht­angaben in der Anzeige wegzulassen. Das kann ein Bußgeld von bis zu 15 000 Euro nach sich ziehen.

Info muss schon in der Immobilien­anzeige stehen
Schon das Immobilienangebot muss Angaben aus dem Energieausweis enthalten. Das verlangt die EnEV 2014 von Vermietern und Verkäufern. Sie müssen den Energieverbrauch oder -bedarf benennen, den für die Heizung genutzten Energieträger – etwa Gas, Öl oder Holz­pellets – sowie das Baujahr des Hauses. Seit Mai 2014 ausgestellte Energie­ausweise zeigen zudem, wie bei Haus­halts­geräten, eine Effizienz­klasse. Die gehört ebenfalls in die Anzeige. Wer jedoch in Zeitungen und Onlineportalen nach Wohn­raum sucht, findet oft nur einen Teil der Angaben – sofern sie nicht völlig fehlen. Das ist nicht immer ein Gesetzes­verstoß. „Existiert noch kein Energie­ausweis, ist er laut EnEV erst bei der Besichtigung vorzulegen“, sagt Christian Osthus vom Immobilien­verband Deutsch­land. „Liegt jedoch ein Ausweis vor, gehören die Pflicht­angaben zwingend in die Anzeige.“ Die Zusatz­kosten für die längere Annonce kann sich nur sparen, wer eine neue oder bislang selbst­genutzte Immobilie erst­mals vermietet oder aus Gründen des Denkmal­schutzes keinen Energie­ausweis braucht.

Eine teure und eine billige Variante
Kritik hagelt es am Inhalt für den Energie­ausweis. So kursieren bis heute zwei Varianten, die sich nur schwer vergleichen lassen: Der Vergleichs­ausweis basiert auf dem tatsäch­lichen Energieverbrauch der vergangenen drei Jahre. Der Bedarfs­ausweis zeigt den berechneten Energiebedarf des Hauses. Das ist aussagekräftiger, erfordert aber Messungen und Analysen durch einen Fachmann. Auf der Rechnung stehen dann oft 1 000 Euro und mehr.

Bedarfs­ausweis vs. Verbrauchs­ausweis
Verpflichtend ist der Bedarfs­ausweis nur für Häuser mit bis zu vier Wohn­einheiten, deren Bauantrag vor dem 1. November 1977 gestellt wurde und die nicht die Vorgaben der damaligen Wärmeschutz­ver­ordnung erfüllen. Alle anderen Eigentümer dürfen wählen. Den meisten fällt das nicht schwer, da der Verbrauchs­ausweis mit nur 25 bis 100 Euro praktisch ein Schnäpp­chen ist. Gegen ihn spricht, dass er die Verhält­nisse in manchen Fällen verzerrt wieder­gibt: Sind etwa mehrere Mieter über den Winter verreist oder haben sie Räume kaum beheizt, fallen die Werte zu nied­rig aus.

Kritik: „Nur grobe Orientierung möglich“
Gerold Happ von Haus & Grund rät Eigentümern dennoch zum Verbrauchs­ausweis. Beide Varianten spiegelten eine Exakt­heit vor, die es nicht gebe. „Die Werte beziehen sich immer auf das ganze Gebäude und ignorieren Unterschiede zwischen einzelnen Wohnungen. Da zudem keine Euro­beträge auftauchen, ist nur eine grobe Orientierung möglich.“ Einen Bedarfs­ausweis beantragen solle nur, wer im Vorfeld einer energetischen Sanierung ohnehin einen Energieberater durchs Haus schicke.

Wer darf einen Energieausweis ausstellen
Übrigens: Nur Fach­kräfte mit spezieller Aus- oder Weiterbildung dürfen einen Energieausweis ausstellen. Meist sind das Architekten, Ingenieure und Energieberater. Mieterbund-Experte Ropertz hält vor allem die Vergleich­barkeit für dringend verbesserungs­würdig. „Entweder braucht es eine weitere Vereinfachung der Angaben oder getrennte Werte für Gebäudehülle und Heizungs­technik.“

Fazit: Energie­ausweis allein nicht aussagekräftig genug
Der Energie­ausweis bietet Anhalts­punkte zum energetischen Zustand, sollte aber nie alleinige Entscheidungs­grund­lage sein. Käufer sollten das Haus mit einem Architekten oder Sach­verständigen begehen. Mieter sollten prüfen, ob Dach und Außenwände gedämmt sind, ob die Wohnung über einem unbe­heizten Keller oder einer Tordurch­fahrt liegt und ob die Fenster eine Wärmeschutz­verglasung besitzen.

Stand 2017